Versandhandelsregelung

Versandhandelsregelung
I. Umsatzsteuer1. Begriff: Umsatzsteuerliche Sonderregelung für die Besteuerung von Lieferungen von einem EU-Staat in einen anderen (in Deutschland: § 3c UStG).
- 2. Voraussetzungen: Die V. ist zur  Erwerbsteuer subsidiär und kann daher überhaupt nur dann greifen, wenn der Empfänger der Ware nicht mit dem Vorgang der Erwerbsteuer unterliegt. Sie ist dann einschlägig, wenn der Lieferant die Ware an den Abnehmer versendet oder befördert.
- Gegensatz:  Abhollieferung.
- 3. Konsequenzen: Der Lieferant wird mit dem betreffenden Umsatz nicht mehr im eigenen Staat, sondern im Bestimmungsland der Ware steuerbar, die dort gültigen Umsatzsteuergesetze finden daher Anwendung, ggf. ist ein  Fiskalvertreter zu bestellen.
- 4. Bagatellgrenzen: Wegen der administrativen Belastungen findet die V. für die Lieferungen in ein Land nur dann Anwendung, wenn die Lieferungen dorthin eine bestimmte Größenordnung pro Jahr überschreiten. Für die Prüfung zählt die von dem jeweiligen Bestimmungsland der Ware festgesetzte Bagatellgrenze; diese sog.  Lieferschwelle liegt i.Allg. bei ca. 100.000 Euro, mindestens aber bei ca. 35.000 Euro (aktuelle Liste der genauen Werte aller EU-Staaten jeweils in Abschn. 42j UStR). Es ist dem Lieferanten jedoch möglich, auf die Anwendung der Lieferschwelle zu verzichten; in diesem Fall greift die V. bereits auch bei geringfügigeren Jahresumsätzen mit dem betreffenden Land. Auf Abhollieferungen wird die V. allerdings niemals angewandt.
- 5. Besonderheiten: Die Lieferung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren unterliegt ohne jede Bagatellgrenze auch bei der U. stets der V.; für die Lieferung  neuer Fahrzeuge kann es dagegen nie zur Anwendung der V. kommen (da stets Erwerbsteuerpflicht besteht).
- 6. Verbrauchsteuerrecht: Im Bereich der Verbrauchsteuern gilt die geschilderte umsatzsteuerliche Regelung analog für die Lieferung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren durch Versendung oder Beförderung an den Kunden in einem anderen EU-Staat; allerdings gibt es für verbrauchsteuerliche Zwecke keinerlei Bagatellgrenze (keine Lieferschwelle, Steuerbarkeit im Bestimmungsland schon bei geringfügigsten Umsätzen).
II. Verbrauchsteuern:Bei den Verbrauchsteuern existiert EU-weit (vorgegeben durch die  Verbrauchsteuersystemrichtlinie) eine V. ähnlich zu der umsatzsteuerlichen Regelung, allerdings ohne Bagatellgrenzen. Wer als Gewerbetreibender verbrauchsteuerpflichtige Waren an private Kunden in anderen Mitgliedstaaten versendet, wird mit dieser Lieferung dort sofort steuerpflichtig; eine  Lieferschwelle, bis zu der solche Umsätze nicht zur Steuerpflicht im Bestimmungsland der Waren führen, gibt es nicht.

Lexikon der Economics. 2013.

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